www.koblenzer-bildungsverein.de / Rückblick > Kulturschätze und Naturschönheiten im Vinschgau
.

Kulturschätze und Naturschönheiten im Vinschgau

8-tägige Kultur- und Studienreise
vom So. 17. bis So. 24. Mai 2015

Vinschgau, das 60 km lange Tal erstreckt sich im Westen Südtirols vom Meraner Becken bis hinauf zum Reschenpass. Es ist eine geschichtsträchtige Landschaft und zu jeder Zeit eine Reise wert. Die Region an der berühmten römischen Kaiserstraße Via Claudia Augusta ist seit dem Jahre 50 n. Chr. eine der wichtigsten Nord-Süd-Verbindungen über die Alpen. Der Vinschgau ist so reich an Sehenswürdigkeiten wie kein anderer Teil Südtirols: Wehrhafte Burgen aus alter Zeit, wie die Churburg und Schloss Juval. Kirchen und Klöster mit einzigartigen romanischen Fresken wie das Kloster Marienberg oder die Prokulus-Kirche in Naturns. Malerische Städtchen wie Glurns mit seinem vollständig erhaltenen, mittelalterlichen Stadtbild oder Laas mit seinem unvergleichlich schönen weißen Marmor. Auch bei dieser Reise kamen die kulinarischen Genüsse, für die der Vinschgau bekannt ist, nicht zu kurz: Speck, Käse, Knödel, Wein, Apfelprodukte.

1. Tag, Sonntag: Anreise nach Schlanders

43 Teilnehmer reisten mit unserem bewährten Busfahrer Jakob in den Vinschgau. Nach einer Mittagspause in Nesselwang im Allgäu erreichten wir über Fern- und Reschenpass auf der alten römischen Via Claudia unser Ziel: den abseits der Hauptstraße gelegenen Vinschgerhof in Schlanders. Das von der Familie Inge und Manfred Pinzger betriebene Hotel, das uns eine Woche beherbergte, ließ keine Wünsche offen; ruhig gelegen, mit geräumigen und gefälligen Zimmern, Hallenschwimmbad und finnischer Sauna. Besonders angetan waren alle von der wirklich einmaligen Küche und dem breiten Angebot Vinschger Weine. So gab es beispielsweise als Hauptgericht:

  • Roastbeefröllchen mit Lardo und Thymian gefüllt mit Senfjus, Kartoffelgratin und gefüllten Tomaten oder
  • Hühnerbrüstchen in der Cerealienkruste auf Kirsch-Portweinjus, Kartoffelröstinchen und Pak Choi.

2. Tag, Montag: Kulturregion Obervinschgau

Am Bahnhof Sponding holten wir unseren heutigen Führer (im Vinschgau Kulturführer genannt) Heinrich Moriggi ab und besuchten mit ihm zunächst das im benachbarten schweizerischen Kanton Graubünden gelegene – von Karl dem Großen im 8. Jh. gegründete – Benediktinerinnenkloster St. Johann (räto- romanisch: Claustra Son Jon) im Val Müstair, seit 1983 UNESCO-Welterbe.

Benediktinerinnenkloster St. Johann

Unsere Führerinnen begrüßten uns auf rätoromanisch, einer dem südtiroler Ladinischen verwandte Sprache, aber weitere Erklärungen wurden in deutscher Sprache geboten. In der Klosterkirche sind zwei Freskenzyklen aus dem 8. und aus dem 12. Jahrhundert zu sehen. Wir sahen im ehemaligen Turmkloster die mittelalterlichen, bescheidenen Zellen der Nonnen und die Zimmersuite der Äbtissin. Das Museum zeigt romanische Skulpturen und ein gut erhaltenes mittelalterliches Spinett, heute noch bespielbar. Die heute hier nach der Regel „ora et labora“ lebenden Benediktinerinnen sind etwas komfortabler untergebracht.

Glurns, Mittelalterliches Stadttor

Es folgte die Besichtigung des Städtchen Glurns, das weitgehend seinen mittelalterlichen Charakter mit Stadtmauern und Wehrtürmen erhalten hat. Hier fand tatsächlich 1519/1520 ein Prozess gegen die Feldmäuse statt.

Abtei Marienberg

Nach einem Mittagessen im Hotel zur Post brachte uns der Bus zur Bernhardiner-Abtei Marienberg, gegründet im 12. Jh. Sie gilt als das höchstgelegene Kloster der Alpen auf 1336 m über dem Meer.

Gruppenfoto in der Abtei, Aufn: F. Schliephake

Pater Anselm bot unserer Gruppe eine beeindruckende Führung zu den Fresken in der Krypta, die das Jüngste Gericht und die drei Hierarchien von Engeln, Cherubim und Seraphim zum Thema haben.

3. Tag, Dienstag: Schloss Juval, Messner Mountain Museum, Weingut

Ein plötzlicher Kälteeinbruch hielt die Gruppe nicht davon ab, mit Kulturführerin Maria Koch zwei unscheinbare, aber durchaus sehenswerte Dorfkirchen zu besuchen: St. Oswald in Tschirland mit einem aufwendigen Deckenfresko und Seitenaltären des Naturnser Barockmalers Simon Übertracher und die Tablander Kirche St. Nikolaus mit einem spätgotischen Deckenfresko und einem großen Christophorusgemälde an der Fassade.

Nachmittags brachte uns ein Pendelbus zum Schloss Juval, Wohnort und eines der Museen des Extrembergsteigers Reinhold Messner mit Exponaten zum Thema „Religionen der Bergvölker“; wo uns u. a. eine Statuette von Kali entgegenblickte, der mehrarmigen hinduistischen Göttin des Todes und der Zerstörung. In der Schlosskapelle sahen wir Wandmalereien von Bartholomäus Riemenschneider, Sohn des bekannten Bildschnitzers und Bildhauers Tilman Riemenschneider. Nach einer zünftigen Brettljause im Gasthof Schlosswirt folgte als christliches Gegenstück die Besichtigung der Wallfahrtskirche Unser Frau im Schnalstal, erbaut im 14. Jh und erweitert sowie barockisiert im 18 Jh.

Kirche Unser Frau in Schnals

Hier erläuterte uns Pfarrer Franz Messner die Baugeschichte und die Kunstwerke der Kirche. Verehrt wird die Gottesmutter, deren nur 13 cm hohe Statue mit Kind die Pilger zu Gebet und Andacht anleitet.

Und da oberhalb des Schnalstales im Similaun im Jahre 1991 der legendäre „Ötzi“ gefunden worden war, bot sich ein Besuch des nahe gelegenen »ArcheoParc Schnals« an, der über die Lebensverhältnisse des Menschen aus dem Eis unterrichtet. Wir lernten etwa, dass er Feuer nicht aus Feuersteinen schlug, sondern aus Pyrit (sog. Katzengold) und dass Feuer erst entstand, wenn die Funken auf die locker-filzige Mittelschicht des Zunderschwamms (Porling) fiel.

4. Tag, Mittwoch: Meran, Schloss Trautmannsdorf, Niederlana

Strömender Dauerregen begleitete uns am Mittwoch auf dem Wege nach Meran, der zweitgrößten Stadt in Südtirol. Zunächst unternahm Kulturführerin Christine Alber daher per Bus eine „Panorama-Rundfahrt“ mit Ausblicken auf das Etschtal über Marling, Algund und Schenna mit dem Mausoleum des Erzherzogs Johann. Anschließend besichtigten wir Meran mit der spätgotischen Pfarrkirche St. Nikolaus. Die Stadtführung fand witterungsbedingt meist unter den Lauben statt.

Nach der Mittagspause stand Schloss Trautmannsdorf, Ferienschloss der österreichischen Kaiserin Elisabeth („Sissi“) auf dem Programm. Wenige nur trauten sich in den verregneten Garten, umso ausgiebiger besichtigten wir die Ausstellungen im »Touriseum« mit der Dauerausstellung „200 Jahre Tourismus in Südtirol“ und der beeindruckenden Sonderausstellung „Tourismus & Krieg“.

5. Tag, Donnerstag: St. Prokulus, Freie Verfügung

Das Hasenohr über Schlanders mit frischem Schnee

An diesem Morgen begrüßten uns die beiden Schlanders überragenden Berge - so das 3257 Meter hohe Hasenohr - mit frisch gefallenem Schnee.

St. Prokolus

Zunächst sahen wir die in Naturns gelegene vorromanische kleine Kirche St. Prokulus aus dem 7. Jht. Hier erläuterte uns Christine Alber die teilweise rätselhaften Wandmalereien. So gibt es für den bekannten „Heiligen auf der Schaukel“ mehrere Deutungen; am wahrscheinlichten ist es, dass die Flucht des hl. Prokulus, Bischof in Verona, aus Verona dargestellt ist. Andere deuten die Szene als die Flucht des hl. Apostels Paulus aus Damaskus.

Anschließend standen zwei Wanderungen zur Auswahl. Ein Teil der Gruppe wanderte vom Toell aus über den Marlinger Waalweg zum Orte Marling; andere stiegen vom Dorf Tirol an Erdpyramiden vorbei bergan zum Schloss Tirol.

Schloss Tirol (Auf. 2010)

Zünftig zu Mittag gegessen wurde im etwas kühlen Biergarten der Brauerei Forst. Vor dem Abendessen gestaltete Maximilian Pinzger, Juniorchef des Vinschger Hofes für uns eine Weinprobe, bei der wir drei Weißweine (Chardonnay, Weißburgunder, Riesling) und drei Rotweine (Vernaccio, Blauburgunder und als Krönung: Lagreiner) verkosteten.

6. Tag, Freitag: Marmordorf Laas, Reschenpass

Am Freitagmorgen stand der Besuch der Marmorwerkstatt des Ortes Laas mit den Markennamen „Lasa Marmo AG“ auf dem Programm. Der Marmor wird unterirdisch im Gebirge abgebaut, im Jennwandbruch (2320 m) und im Weißwasserbruch (1567 m) und mit einer Standseilbahn und anschließend ebenerdig auf einer meterspurigen Reibungsbahn mit Motorlokbetrieb zum Werk gefahren und dort verarbeitet. ( Link auf (öffnet in neuem Fenster))

Akku-Lok der Marmorwerke in Laas

Die kleine zweiachsige Akku-Lok wurde im Jahre 1930 bei Tecnomasio in Milano gebaut. Laaser Marmor ist in der ganzen Welt zu finden, u.a. in der U-Bahn-Station am World Trade Center in New York. Selbstverständlich finden wir Laaser Marmor als Grabsteine auf dem Friedhof an der Laaser Pfarrkirche St. Johannes und als Bürgersteigpflaster im Ort.

Weiter ging es zum Reschensee, wo uns Kulturführer Kurt Ziernhöld mit einem Vortrag über die Geschichte des Dorfes Graun informierte, das 1950 einem Talsperrenbau der Waidbrucker Firma Montecatini zum Opfer fiel. Gefragt oder entschädigt wurde niemand; die Entschädigungskosten hätten nicht einmal die Kosten für die Umschreibung und den Grundregistern gedeckt. Nur der Kirchturm blieb als Mahnmal stehen, umspült von den Wassern des Stausees. Nachdenklich stimmten auch die von ihm geschilderten Hintergründe der Unterdrückung des Deutschtums in Südtirol durch Mussolinis faschistisches Italien, auf die hier nicht näher eingegangen wird; das würde Bücher füllen.

Mittags servierte uns das Restaurant Traube-Post in Reschen als Hauptgang unseres Mittagessens einen zünftigen Hirschpfeffer. So gestärkt erklommen wir auf steilem Pfade die hoch über den Orte Schluderns gelegene Churburg.

Schluderns, Arkadengänge in der Churburg

Im Jahre 1259 als Residenz des damals den Vinschgau beherrschenden Bischofs von Chur gebaut, fiel sie bald an die Vögte von Matsch und ist seit 1504 im Besitz der Familie Trapp. Wir sahen den Arkadenhof, die Loggia, die Burgkapelle, das frühere Verließ, die Bibliothek und die Waffensammlung. Nur historische Schusswaffen finden wir hier nicht: sie wurden 1809 an die Bauern ausgegeben, die sich unter Andreas Hofer – im Endergebnis erfolglos – zum Freiheitskampf gegen die napoleonische Unterdrückung vereinten.

7. Tag, Samstag: Niederlana, Schloss Runkelstein, Bozen

Am letzten Tag unseres Aufenthalts genossen wir in der Pfarrkirche Mariä Himmelfahrt in Niederlana eine fundierte Beschreibung des Goldaltars. Dieser 14,10 m hohe Altar wurde vom Meister Hans Schnatterpeck im 16 Jh. in achtjähriger Arbeit geschnitzt und vergoldet. Er zeigt insgesamt 64 biblische Figuren.

Goldaltar in Niederlana

Nur durch Bürgersinn blieb dieses Meisterwerk der Gotik erhalten. Als er um 1778 durch einen Barockaltar ersetzt werden sollte, protestierten die Bürger erfolgreich mit der Begründung, ihre Vorväter hätten diesen Altar teuer bezahlt. Denn Schnatterpeck hatte in den acht Jahren Bauzeit 1600 Gulden erhalten (der Wert von drei Bauernhöfen) und acht Fuhren Wein (20 l am Tag) erhalten. Auch der Gang über den Friedhof war lehrreich, da Stand und Beruf der Verstorbenen angegeben wurden wie etwa Apotheker und Ehrenbürger, Obstvermittler, Gutsbesitzerstochter, Kaminfegerswitwe oder ein als gütig und gerecht gepriesener Landrichter.

Zünftig tirolerisch war das Mittagessen in der Gaststätte der Brauerei Forst in Lana, das uns auch hier zum anschließenden Anstieg auf Schloss Runkelstein im Tale der Talfer stärkte. Dort besichtigten wir den größten erhaltenen Freskenzyklus Tirols mit weltlichen Themen wie z.B. der Erzählung von Tristan und Isolde.

Bozen, Denkmal für Walther von der Vogelweide

Den Abschluss bildete ein Besuch der südtiroler Landeshauptstadt Bozen. Mittelpunkt ist der vom Dom Maria Himmelfahrt überragte, nach dem Minnesänger Walther von der Vogelweide benannte Walterplatz, auf dem eine Ausstellung historischer PKW zu sehen war, darunter der legendäre Fiat 500. Ein Gang durch die quirligen Laubengassen oder den Obst- und Gemüsemarkt schloss sich an. Einige besuchten auch den „Ötzi“ im Südtiroler Archäologiemuseum.

Krönender Abschluss war das von Vinschgerhof zum Abschied dargereichte »Südtiroler Menu«:

  • Perlhuhn-Mousse auf Apfel Chutney und Schwarzbrotchips
  • Pustertaler Schlutzkrapfen mit Almkäse und Schnittlauchbutter
  • Rosa gebratenes Lammnüsschen, Frühlingsgemüse und Herzoginkartoffeln.
  • Zweierlei Kaiserschmarrn mit Zwetschgen Gröstl.

8. Tag, Pfingstsonntag: Rückfahrt

Heute galt es Abschied zu nehmen; die Rückreise wurde unterbrochen zur Mittagspause in der alten freien Reichstadt Ulm, der seit 1815 zwischen Württemberg und Bayern (Neu-Ulm) geteilten Stadt an der Donau. Ob einer unserer Fahrtteilnehmer die 768 Stufen des Ulmer Münsterturms erklommen hat, haben wir nicht erfragt ...

Termin: Sonntag, 17. Mai 2015
Abfahrt: 6.00 Uhr, Koblenz, Reisebusbahnhof
Rückkunft: Sonntag, 24. Mai, gegen 20.00 Uhr
Preis: Mitglieder: 808,00 € , Gäste: 823,00 € , EZ-Zuschlag: 154,00 €
Reiseleitung: Hans-Jürgen Wenzel, Jürgen Zahren

Leistungen:

  • Busfahrt in modernem Reisebus
  • 7 ÜHP im 3-Sterne Superior Hotel Vinschgerhof
  • Kostenfreie Benutzung des Wellnessbereiches mit Hallenschwimmbad, finnischer Sauna, Dampfbad
  • Vinschger Gästekarte
  • Führungen und Eintritte gemäß Programm
  • Mittagsimbiss auf Schloss Juval
  • Kosten für Picknick
  • Kosten für Kurtaxe (1,00 € p.P. und Tag)
  • Reiseleitung durch Koblenzer Bildungsverein

Bericht und Fotos: Hans-Jürgen Wenzel, Gruppenfoto: Frank Schliephake

Powered by Papoo 2016
446073 Besucher